Die Rallye Monte-Carlo ist die wohl mit Abstand berühmteste Rallye der Welt. Hier misst sich die Weltelite – der Weg ins Ziel ist weit und hart. Die Rallye Monte-Carlo Historique erinnert an die Helden der Vergangenheit und ihre geschundenen Autos, die so viel aushalten mussten. Vor 50 Jahren gewann der Finne Rauno Aaltonen in einem Mini Cooper S. Jetzt startete er erneut mit einem Rallyewagen von einst. Zwei quicklebendige Legenden unterwegs.

Die „Monte“. Ein Wort genügt bereits, um im Kopfkino dramatische Bilder ablaufen zu lassen. Verwegene Driftwinkel in Schnee und Eis, zuckende Lichtkegel in schwärzester Nacht, ölverschmierte Helfer im Matsch am Straßenrand. Die Rallye Monte-Carlo darf als die Urmutter aller Autorallyes bezeichnet werden: Schon 1911 rief sie zu ihrer ersten Sternfahrt ins winterlich stille Monte-Carlo auf. Tausende Kilometer quer durch Europa waren in den ersten Jahren schon Herausforderung genug, gab es doch noch längst kein ausgebautes Fernstraßennetz, von einem Winterdienst ganz zu schweigen. Gewonnen hatte im Grunde jeder, der es überhaupt schaffte, den berühmten Felsen der Grimaldis zu erreichen.

Abschied vom Herrenfahrer.

In den 50er- und 60er-Jahren wandelte sich der Rallyesport von der Fernfahrt zu einem echten Rennen auf abgesperrten Sonderprüfungen. Profis lösten die Privatfahrer ab, Werksteams investierten immer mehr Geld. Ein Sieg bei der Rallye Monte-Carlo ließ sich nämlich prächtig für die Werbung nutzen. Vollends Kopf stand die Rallyewelt, als ein winziger englischer Kleinwagen allen Limousinen und Sportwagen davondriftete. Der classic Mini gewann die Monte sogar drei Mal. Zuletzt 1967 mit Rauno Aaltonen am Steuer.

Der Rallye-Professor.

Wer dem Rallyestar Rauno Aaltonen heute begegnet, mag es kaum glauben, dass es schon so lange her ist, seit er anfing, auf Schotter und Eis kräftig Gas zu geben. Denn er kann es noch immer – und meist besser als seine weitaus jüngeren Schüler, die einen der Fahrerlehrgänge bei ihm absolvieren. Richtig driften lernt man eben nur in der Praxis, und jedes Automodell hat seine Eigenheiten. Der frontgetriebene classic Mini will mit Schwung und linksgebremst um die Kurve geworfen werden.

Rauno Aaltonen erklärt den Unterschied zum Heckantrieb am liebsten so: „Mit Frontantrieb trifft man den Baum vorwärts. Mit Heckantrieb trifft man denselben Baum, nur rückwärts.“ Er verschweigt dabei lächelnd, dass er diesen Baum nur sehr selten getroffen hat. Vor allem nicht im classic Mini.

Start in Bad Homburg.

Die historische Monte ist wieder eine klassische Sternfahrt wie zu ihren Anfängen. Von mehreren europäischen Städten aus machen sich die Teams auf den Weg. Deutschland-Start ist in Bad Homburg, dann geht es 1.250 Kilometer bis Monte-Carlo, meist über kleine und kleinste Straßen. Dort angekommen, warten Sonderetappen, die oft den historischen Routen mit ihren berühmt-berüchtigten Namen folgen. Doch es ist eine Gleichmäßigkeitsfahrt und kein Rennen um Bestzeiten. Eher ein Ringen um Durchschnittsgeschwindigkeiten und Zehntelsekunden bei Zielzeiten. Das macht den Beifahrer noch wichtiger, denn er muss gut rechnen können und vor allem immer den Überblick behalten. Der Schwede Hans Sylvan begleitete Rauno Aaltonen, und auch er ist natürlich ein alter Routinier, der als Copilot große Erfolge in den 70er- und 80er-Jahren feierte.

Monte-Wetter.

Manche Monte versank spektakulär im Schnee, in anderen Jahren schaufelten Zuschauer Schneereste auf die eigentlich trockenen Straßen, nur um ihre geliebten Driftwinkel sehen zu dürfen. Das brachte dann manches Team in arge Bedrängnis. 2017 war Schnee kein Thema, denn es gab ihn fast nicht. Und auch für einen „Rallye-Professor“, der sich akribisch vorbereitet, ist Glück ein Faktor, der immer dazugehört. Ein kleiner technischer Defekt in der Bordtelemetrie gleich zu Beginn der ersten Wertungsprüfung warf das Team Aaltonen/Sylvan weit zurück. Jeder andere hätte es an diesem Punkt wahrscheinlich gemütlich angehen lassen und wäre den Rest der Rallye möglichst materialschonend gefahren. Aber mit den fliegenden Skandinaviern ist das so nicht zu machen.

Der Kampf um die Hundertstel.

Eine wilde Aufholjagd beginnt. Das classic Mini Rallyeteam kämpft sich während der verbleibenden 13 Wertungsprüfungen um 200 Plätze nach vorne. An Ausdauer, Konzentrationsfähigkeit und Siegeswillen haben die beiden Herren in fünf Dekaden kein bisschen eingebüßt. Am Ende waren alle zufrieden und nachhaltig beeindruckt. Nicht zuletzt vom classic Mini, der die Strapazen der Monte ohne technischen Defekt absolviert hat. Chapeau! Denn bei historischen Rallyes dieser Art ist ja meist schon das Ankommen ein Riesenerfolg.

Kleiner großer Publikumsmagnet.

Der classic Mini und sein berühmter Pilot waren der absolute Publikumsliebling, und man staunte über den freundlichen Gleichmut, mit dem sich Rauno Aaltonen und Hans Sylvan all den Wünschen nach Interviews und Autogrammen hingaben. 79 Jahre ist Rauno Aaltonen jetzt alt, Hans Sylvan auch schon 72. Wer den beiden begegnet, will es kaum glauben.

Am Ende war es für alle ein großer Erfolg. Die Rallye Monte-Carlo Historique erzählt die Geschichten von früher noch einmal auf die wohl schönste Art, die es gibt. Sie lässt die alten Helden von der Leine und lässt sie zeigen, dass sie es noch immer drauf haben und kämpfen können.

 

Anmerkung: Im Blogbeitrag „ERFOLGSZWERG“ sind die dramatischen Ereignisse bei der Rallye Monte-Carlo 1966 rund um die Disqualifikation der classic Mini auf den Plätzen eins, zwei und drei ausführlich erzählt.