„Win on Sunday, sell on Monday“, reimten geschäftstüchtige US-Car-Dealer einst in den Sechzigerjahren und freuten sich, wenn sogenannte Stockcar Races die Massen erst in die Rennovale und am nächsten Tag zu ihnen in die Showrooms lockten.
Bei Cola, Bier und reichlich Popcorn genoss die amerikanische Familie den „Thrill“ der Autorennen, bei denen die scheinbar serienmäßige Familienkutsche, die auch in ihrer Garage parken könnte, schier unglaubliche Leistungen vollbrachte. Serienmäßig, also „stock“, war dabei natürlich nur ihre äußere Karosserielinie, darunter tobten Hochleistungsmaschinen und sorgte Renntechnik für Straßenlage. Es zählte allein der Schein, und doch lag ein unwiderstehlicher Reiz darin, sich einen von diesen Siegerwagen als Familienkutsche kaufen zu können.
Die alte Welt.
Europa tickte ähnlich. Auch hier kam es gut an, wenn gediegene Limousinen spektakuläre Rennsiege einfuhren. Doch der europäische Käufer reagiert bis heute empfindlich auf „Blender“, die nur so tun, als könnten sie. Unlimitierte Autobahnen und kurvenreiche Landstraßen entlarven nämlich alle Möchtegerns im Handumdrehen, gerade in Deutschland wird weitaus ambitionierter gefahren als in den USA, und im Gegensatz zum amerikanischen Konsumenten interessiert sich der Europäer durchaus für die Technik, die ihm verkauft wird.
M wie Motorsport.
Der erste BMW M3, der 1985 vorgestellt wurde, lebt wie kaum ein anderes Modell von jenem besonderen Reiz, beides zu können, nämlich Straße und Rennstrecke. Auf den ersten Blick ist er eine praktische 3er Limousine der zweiten Generation, wie sie zu dieser Zeit bereits zu Tausenden herumfährt. Und andererseits scheint weitaus mehr in ihm zu stecken, er fällt auf und macht neugierig. Die Kotflügelverbreitungen und ein unübersehbarer Heckspoiler deuten eine Leistung an, die noch mehr als nur das bekannte – und das war vor allem im 325i nicht wenig – zu bieten scheint. Dazu ist die Seitenlinie anders, das Heckfenster flacher geneigt, der Kofferraumdeckel verkürzt. Im Innenraum scheint alles wie gewohnt sportlich und erst der Blick unter die Motorhaube gibt sein wahres Geheimnis preis.
Die Kraft der vier Herzen.
Er trägt nämlich einen reinrassigen Sportmotor mit ungewohnt wenigen Zylindern, nämlich nur vier. Bis heute ist BMW schließlich für seine Sechszylinder berühmt, auch und gerade im 3er. Doch der erste M3 sollte kein Boulevard-Racer werden, sondern ein waschechter Motorsportler. Für das Gruppe-A-Reglement mussten damals nämlich 5.000 Stück im Jahr produziert werden, das schaffte nur, wer den Nerv der Sportwagenfans traf. Sein Vierzylinder mit Vierventiltechnik ist ein verkürzter Sechszylinder aus dem M1 und 635 CSi, beide ja Vertreter ausgefeilter Hochtechnologie. Serienmäßig lagen 200 PS aus 2,3 Liter Hubraum an, auto motor und sport stoppte im ersten Test 1986 flotte 7,8 Sekunden bis Tempo 100 (Werksangabe 6,7 s) und nur 25,8 bis 180. Eine Spitze von 237 km/h markierte damals absolutes Spitzenniveau. Und das immer noch im Kleid einer praktischen, kompakten Limousine.
Tester Götz Leyrer textete 1986: „Blitzschnell und ohne ein Zeichen von Anstrengung dreht er in den unteren Gängen hoch bis zum Einsetzen des Drehzahlbegrenzers bei knapp 7.000 U/min, kraftvoll und gleichmäßig, dass es eine Freude ist.“
Der erfolgreichste Tourenwagen aller Zeiten.
Der erste M3 konnte also Straße. Doch auf der Rennstrecke wurde er der erfolgreichste Tourenwagen aller Zeiten. Im Renntrimm mit 300 PS gab es zwischen 1987 und 92 kaum noch ein Rennwochenende, an dem nicht in irgendeinem Land dieser Welt neue Siege eines M3 gefeiert wurden. In Australien, Finnland, Frankreich oder Holland holten sich M3 Fahrer Meistertitel, selbst in der harten Rallye-WM konnte der M3 einen Meisterschaftslauf gewinnen. Allein in der heiß umkämpften DTM (Deutsche Tourenwagen Meisterschaft) sammelte der BMW M3 unzählige Siege und Podiumsplätze.
Begehrter Klassiker.
Heute ist der erste M3 längst ein begehrter Klassiker, dessen Preise nur noch eine Richtung kennen, nämlich nach oben. Fachgerecht gewartet und mit Verstand gefahren erreicht er erstaunlich hohe Laufleistungen. Auf dem BMW Festival im Sommer 2016 nannten stolze Besitzer Laufleistungen von über 200.000 Kilometer – ohne Probleme. Da zeigt sich eben auch wieder sehr anschaulich, dass Technik, die harte Rennen aushalten muss, dem Alltag eher locker gewachsen ist. Der erste M3 ist auf faszinierende Weise beides, alltagstaugliche Limousine und renntauglicher Sportwagen mit Siegchancen.
Win on Sunday, drive on Monday, nämlich ins Büro, möchte man da ausrufen. Und das höchstwahrscheinlich mit einem sehr breiten Lächeln.