Auf den BMW 1800 hatten viele gewartet. Bereits 1961 in Frankfurt als BMW 1500 präsentiert und ab 1962 verkauft, legte er 1963 als BMW 1800 richtig los. Da war sie also endlich, die schnelle und geräumige Limousine für die ganze Familie. Zwei Buchstaben am Heck würzten noch mal kräftig nach. Als TI wurde er zum Sportwagen, der Rennen und Rallyes gewinnen konnte. Mit der Neuen Klasse fuhr BMW in eine Marktlücke. Und ließ eine Zeit voller Sorgen endgültig hinter sich.
Ein über und über dreckverschmierter BMW in der einsetzenden Abenddämmerung eines feuchten, regnerischen Tages. Das Licht der Scheinwerfer spiegelt sich in den Pfützen und ersten Nebelschleiern. Ein Mann kehrt nach Hause zurück, hält an, steigt aus, holt seinen Fahrerhelm und den gerade gewonnenen Pokal aus dem Kofferraum. Er lächelt zufrieden, denn es war wohl ein Tag nach seinem Geschmack. Morgen wird er den Wagen waschen und dann, in Anzug und Krawatte, mit ihm wieder wie gewohnt ins Büro fahren. Warum auch nicht, schließlich fährt er einen BMW 1800 TI.
Straße und Rennstrecke.
So dramatisch, aber gleichzeitig nicht mal übertrieben, wirbt BMW Mitte der 60er-Jahre für das Spitzenmodell der neuen Baureihe, den 1963 zusammen mit dem schwächer motorisierten 1800 präsentierten 1800 TI. Angeboten wird eine geräumige Mittelklasselimousine, die wie nebenbei Rennen und Rallyes gewinnt, Rekorde aufstellt, zum Seriensieger wird. Ein Solex-Doppel-Flachstromvergaser sorgt für eine noch bessere Füllung der vier Zylinder, die maximale Leistung von 110 PS steht bei 5.800 Kurbelwellenumdrehungen an. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 175 km/h und die Beschleunigung auf Hundert bei rund 11 Sekunden. Damals, in einem Land mit gerade mal 10,5 Millionen Kraftfahrzeugen (Stand 1. Juli 1963), davon 6,8 Millionen PKW, mit Kleinwagen, die kaum 20 oder höchstens 30 PS anschoben, und Limousinen mit 45 bis 60 PS, waren das Welten. Nur echte und meist viel teurere Sportwagen und Luxuslimousinen konnten das noch besser, viele aber, die sich mit dem Sport-Schriftzug schmückten, hatten Schwierigkeiten, überhaupt mitzuhalten.
Neue Klasse für eine neue Zeit.
Zwei Jahre zuvor, 1961, stand ein völlig neuer BMW auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt, der sofort viel Aufsehen erregte, der 1500. Eine viertürige Limousine in modisch schickem Kleid, sein moderner, neu konstruierter Vierzylinder versprach stramme 80 PS und fast 150 km/h Spitze. Journalisten und Publikum waren begeistert, doch es sollte noch ein weiteres Jahr vergehen, bis die Serienfertigung anlaufen konnte.
So richtig los ging es dann im Herbst 1963, als der neue 1800 kam, der harmonischer und ausgereifter wirkte, 90 PS leistete und 162 km/h schnell war. Ihm zur Seite stand eine zweite Limousine, die sich äußerlich nur in einem einzigen Detail unterschied – den beiden Buchstaben TI am Heck. Sie werden Geschichte schreiben.
Autotesters Traumwagen.
Reinhard Seiffert schrieb in „auto motor und sport“-Heft 7-1964, dass sich die Redaktion auf diesen Testwagen schon länger gefreut hat. Und dass sie ihn am Ende des Tests nur sehr ungern wieder zurückgab. Weil dieser neue BMW genau das leistete, was sich begeisterte Autofahrer damals nur wünschen konnten. Platz und Komfort für die Familie, garniert mit den Fahrleistungen und der dazu passenden Straßenlage reinrassiger Sportwagen.
Streng limitiertes Sondermodell TI/SA.
Der BMW 1800 TI tauchte rasch bei Rallyes auf, natürlich auch in Monte Carlo. Doch noch erfolgreicher war er auf der Rennstrecke, bei den Tourenwagen dominierte er oft das Geschehen, 1964 gewann er bereits die Meisterschaft. Hubert Hahne fuhr mit ihm Bestzeit auf dem Nürburgring, die auf nur 200 Stück limitierte Sonderserie mit dem Zusatz SA („Sport Ausführung“) bot satte 130 PS und eine Beschleunigung von nur noch 9 Sekunden auf Hundert, dazu viele weitere sportliche Extras wie eine direktere Lenkübersetzung oder spezielle Sitze und Lenkrad. Kaufen durften sie aber nur Besitzer einer Sportfahrerlizenz, heute sind diese Wagen sehr gesuchte Raritäten.
Der Hinter-sich-Lasser.
Mit der Neuen Klasse ließ BMW viel hinter sich. Die schwierigen 50er-Jahre und die Krise, die auf ihrem Höhepunkt alles fast beendet hätte. Doch jetzt in den 60ern ging es zurück auf die Überholspur und vorbei an der Konkurrenz, die diese Marktlücke nicht erkannt hatte. Bereits 1966 kam dann eine weitere Modellreihe hinzu, die ebenfalls Geschichte schreiben sollte. Ein 1600 mit nur zwei Türen. Der Null-Zwei.