Mit Ausnahme der Einstiegsmodelle G 310 R/GS entstehen heute alle BMW Motorräder für den europäischen und nordamerikanischen Markt in Berlin-Spandau. Der Ursprung des Werks aber war eine Flugmotorenfertigung, die BMW 1939 kaufte und mit der eigenen zusammenlegte. Aus bescheidenem Neubeginn nach dem Krieg erwuchs über die Jahre eine blühende Motorradproduktion. Das erste in Berlin endmontierte Motorrad wurde die BMW R 60/2. Das war 1966 und bedeutete den Beginn einer ungeheuren Erfolgsgeschichte zum modernsten Motorradwerk der Welt.
Die Brandenburgischen Motorenwerke (BRAMO) erinnerten bereits vom Namen an ihre bayerische Konkurrenz und produzierten ebenso wie diese Flugmotoren. Sie gehörten zum Siemens Konzern und als sie 1938 zunächst mit BMW fusionierten, blickten sie bereits auf drei Jahrzehnte Motorenentwicklung zurück. Das passte also gut zusammen. Hier entstanden unter anderem bis zu 1.000 PS starke 9-Zylinder-Sternmotoren für die Junkers Ju 52, liebevoll „Tante Ju“ genannt. Sie war eines der robustesten und zuverlässigsten Passagier- und Transportflugzeuge ihrer Zeit und beliebt in der ganzen Welt.
Bangen und Hoffen.
Nach dem Krieg gelang der Neubeginn nur äußerst mühsam, Berlin war großteils zerstört, West und Ost standen sich unversöhnlich gegenüber. Das BMW Werk wurde demontiert. Bürgermeister Ernst Reuters dramatische Rede während der Berlin-Blockade („Ihr Völker der Welt, schaut auf diese Stadt!“) und der Luftbrücke ging 1948 in die Geschichte ein. Erst ab 1949 kam wieder eine bescheidene Produktion in Gang, vor allem von technischen Komponenten und Ersatzteilen für München. Doch der Bedarf wuchs rasch an, kräftig befeuert vom Motorradboom der frühen 50er-Jahre.
Wachstum und Erfolg.
Ende der 50er übernahm Berlin immer mehr Komponenten, zum Beispiel die komplette Motorrad-Rahmenfertigung, aber auch Autoteile. Als BMW ab 1962 mit der „neuen Klasse 1500“ endgültig zurück auf die Überholspur fand, wurde die Motorradproduktion nach und nach vom Stammwerk in München an die Spree verlegt. Ab dem 6. September 1966 fand schließlich die Endmontage der Motorräder im Werk Berlin statt, nur der Motor und einzelne Komponenten stammten noch aus Bayern. Ab 1969 hatten dann alle BMW Motorräder „Berliner Luft in den Reifen“, wie eine Pressemitteilung stolz verkündete. 400 BMW Werker montierten 30 Motorräder täglich, Star war die neue BMW R 75/5, bullige 50 PS stark.
Die Magie der (Stück-)Zahlen.
1970 feierte man schon das 10.000ste Motorrad. 1975 und 1983 entstanden weitere große Montagehallen, die die Kapazitäten erhöhten, aber auch den Erfolgsdruck. Dazu übernahm Berlin wie gehabt Komponenten für den Automobilbau wie die komplette Bremsscheibenfertigung. Neue Modelle wie die G/S (1980), die Vierzylinder K-Reihe (1983) und die futuristische K1 (1988) setzten Zeichen, am 18. März 1991 wurde eine BMW K 75 RT das 1-millionste BMW Motorrad in der Unternehmensgeschichte.
Das neue Jahrtausend begann in Berlin mit der Einführung einer dritten Baureihe (F 650 GS) und weiteren Investitionen zum Ausbau. 2001 freute man sich über die erste Million nur in Spandau gebauter „Bikes“. 2006 wurde die „100.000 Stück pro Jahr“-Marke geknackt, 2011 die zweite Million. Bis zu 700 Stück täglich rollen heute von hier aus in die ganze Welt. Besonders stolz aber ist man über das Prädikat „Modernstes Motorradwerk der Welt“.
Berliner Luft.
Berlin ist heute nicht nur wieder eine freie Stadt, sondern Herz und kultureller Motor eines wiedervereinigten Deutschlands. Die einst so undurchdringliche Mauer steht als bestaunter Rest im Museum und das BMW Werk blickt auf eine lange und faszinierende Erfolgsgeschichte zurück. Wer also mal nach Berlin kommt, sollte sich neben Gedächtniskirche, Funkturm, Berghain und all den anderen schönen Dingen unbedingt Zeit für eine Werksbesichtigung nehmen.
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