Was für eine Geschichte für ein einziges Auto: Showcar, Rennwagen und Promi-Freizeitflitzer, von Weiß bis Schwarz acht Mal lackiert, am Ende ein rostiger und verbeulter Teileträger – unglaublich, aber all das war der BMW 507, den einst der King of Rock ’n’ Roll durch Deutschland bewegte. Frisch restauriert steht er jetzt in Pebble Beach und erzählt eine wohl einzigartige Geschichte.
Kapitel 1: Die Magie des Zeichenstifts.
Er lebte in New York und arbeitete beim wohl berühmtesten Industriedesigner Amerikas Raymond Loewy. Was für ein Auftritt im grauen Deutschland in den biederen 50er-Jahren: Der Designer Albrecht Graf Goertz schuf für BMW die Modelle 503 und 507, es wurde für beide Seiten ein großer Gewinn. Graf Goertz wurde berühmt, sein Sportwagen zur Stilikone. Auf der IAA in Frankfurt 1955 erstmalig präsentiert, standen die drei Ziffern Fünf-Null-Sieben rasch für eine Sensation. Schlank, geduckt und zeitlos schön bis heute. Ein absoluter Traumwagen.
Kapitel 2: Showtime.
Obwohl sich der BMW 507 nur sehr begrenzt zum Rennwagen eignete, sah er dennoch manche karierte Zielflagge. Hans Stuck war der berühmte Pilot, der mit der Teilnahme an Rennen vor allem Werbung machen sollte für das neue Modell. Genau darum stand der 507 auch auf glamourösen Veranstaltungen und bei Schönheitswettbewerben. Selbst fürs Kino fand der 507 Verwendung. Und 1957 stand erneut ein Exemplar auf der IAA in Frankfurt, ganz in Weiß. Auch dieses schrieb Geschichte, aber eine andere.
Kapitel 3: Rockin’ Germany.
Er kam leibhaftig über den großen Teich zu uns, der wohl berühmteste Wehrpflichtige der Welt: Elvis Presley, King of Rock ’n’ Roll. Sein Freizeitmobil, wenn er mal Ausgang hatte: eben jener weiße 507 aus Frankfurt. Er machte dem Sänger viel Spaß, gerade auf der Autobahn. Nur ließ er ihn später in Rot umlackieren. Es heißt, wegen der Lippenstift-Kussmünder und Botschaften, die weibliche Fans auf dem Blech hinterließen. Wie auch immer, Elvis nahm den Wagen mit nach Hause.
Kapitel 4: Dornröschen in der Kürbishalle.
Dann kaufte ihn Radiomoderator Tommy Charles und behandelte ihn alles andere als pfleglich. Um ihn bei Rennen erfolgreicher einsetzen zu können, musste der für amerikanische Fahrer eher schwach und kompliziert wirkende Aluminium-Achtzylinder einem Big Block aus Detroit weichen, Getriebe und Hinterachse ebenso. Ein paar Jahre reichten, um auch den Rest zum Trauerfall zu machen. Verbeult, verbastelt und sagenhafte acht Mal lackiert. So kaufte ihn 1968 der Kalifornier Jack Castor als Teileträger für seinen zweiten, sehr viel besseren 507. Jack war ein passionierter Sammler und beschäftigte sich sehr intensiv mit der Geschichte seiner Preziosen. Doch auch er ahnte lange nichts vom berühmten Vorbesitzer. Jack träumte davon, mal einen perfekten 507 zu fahren. Er parkte den Wagen in einer ehemaligen Kürbisscheune. Staub fiel, und draußen ging das Leben weiter.
Kapitel 5: Weibliche Intuition.
Jackie Jouret, eine amerikanische Journalistin und bestens mit der BMW Historie vertraut, hatte den richtigen Riecher. Durch Bildvergleiche und messerscharfe Logik fand sie heraus, welche Fahrgestellnummer Elvis in Deutschland gefahrener 507 haben musste. Es gab bereits einen Elvis 507, doch der hatte diese Nummer nicht, eine Fälschung? Nein, denn diesen hat Elvis zwar verschenkt, aber selbst vielleicht sogar nie gesehen. Jackie Jouret schrieb darüber eine Geschichte und bat ihre Leser um Hinweise auf die verschollene Nummer. Jahre später erst meldete sich einer und sagte, genau dieser Wagen stünde bei ihm. Es war Jack Castor. Die Sensation war perfekt.
Kapitel 6: Wiederauferstehung.
Was für ein Moment. Als Mitarbeiter von BMW Group Classic den von einer dicken Staubschicht umhüllten Sportwagen zum ersten Mal sahen, konnten sie es kaum glauben. Vierzig Jahre praktisch unberührt war der Wagen des Kings plötzlich wieder da, die Fahrgestellnummer bewies es. Die Restaurierung war eine Herausforderung, denn es sollte eben nicht nur perfekt, sondern der ursprüngliche Zauber wiederbelebt werden. Acht Lackschichten mussten entfernt, Motor, Getriebe und Hinterachse gefunden, die Innenausstattung erneuert, Rostschäden und Unfallspuren aufwendig beseitigt werden (an anderer Stelle berichten wir detailliert über die Restaurierung). Zum Abschluss erhielt der Wagen wieder seine ursprüngliche Farbe: Federweiß. So wurde er Elvis übergeben, so wollte ihn Jack. Welcome back.
Kapitel 7: Pebble Beach – der exklusivste Rasen der Welt.
Zurück ins Licht, ins Rampenlicht der kalifornischen Sonne. Der Concours d’Elegance in Pebble Beach ist wohl der beste Ort, um den frisch restaurierten 507 einem ebenso begeisterten wie fachkundigen Publikum vorstellen zu können. Passenderweise in den USA, der Heimat von Elvis Presley. Und nur ein paar Meilen von der Scheune an der Half Moon Bay entfernt, wo Jack Castor den Wagen all die Jahrzehnte über aufgehoben hatte. Leider starb Jack 2014 und kann diesen Moment nicht miterleben, wir sind uns aber sicher, genauso wie er jetzt ist, hatte er ihn sich immer gewünscht.
Das ist auch für uns, nach über zwei Jahren der mühevollen und akribischen Restaurierung ein sehr emotionaler und berührender Moment.